Das Judas-Evangelium
08.04.2006: Das Judas-Evangelium macht unnötige Schlagzeilen . . .
Im
vorigen Jahrhundert wurde in Ägypten eine Handschrift in koptischer
Sprache, wohl aus dem 4. Jahrhundert n.Chr., gefunden: das sogenannte..
Judas-Evangelium. Nun ist endlich der Text übersetzt und herausgegeben
worden, aber leider nicht von theologischen Fachleuten. In diesem Evangelium,
das seinerseits nur eine Übersetzung des verloren gegangenen
griechischen Originals ist, das Irenäus von Lyon (2. Jh. n.Chr.) schon
kommentiert hatte, wird Judas als Heilsbringer dargestellt, weil er
Jesus verraten hat und dadurch das Erlösungsopfer Jesu erst ermöglicht
haben soll. Dieses "Evangelium" ist theologisch ziemlich wertlos für den
katholischen (d.h. "von allen angenommenen") Glauben, da es nur die
Ansichten einer gnostischen Sekte wiedergibt, wonach Jesus einen
Scheinleib besessen habe, von dem er sich durch die Kreuzigung habe
trennen können. Deshalb wurden weder das "Judas-Evangelium" noch andere
ähnlich einseitige Schriften von der Kirche anerkannt und auch nicht in
den Kanon der Heiligen Schrift aufgenommen. Es besteht also keinerlei
Anlass, das Judasbild zu revidieren oder Judas gar heiligzusprechen. Er
ist und bleibt aber einer der Apostel, und er hatte in der
Heilsgeschichte seine bestimmte Rolle! - Übrigens vertritt der Islam
eine ähnliche Auffassung, wonach Jesus nicht wirklich am Kreuz
gestorben und auch nicht drei Tage später auferstanden sei. Diese und
andere scheinbar christliche Inhalte des Korans erklären sich aus dem
Kontakt Mohammeds zu ebensolchen häretischen christlichen Gruppen
seiner Zeit wie der des Judas-Evangeliums. (Die Verwerfung solcher
häretischer Literatur bzw. ihre Nichtaufnahme in den Kanon der Heiligen
Schrift ist das, was die Muslime wider besseres Wissen auch heute
noch als die "Verfälschung des Wortes Gottes durch die Kirche"
bezeichnen und den Christen vorwerfen!).
Für inhaltlich abwegig hält der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke das sogenannte Judas-Evangelium aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert, in dem die Rolle des Jüngers Judas neu gedeutet wird. Es bleibe dabei, dass Judas der Verräter des unschuldigen Jesus sei, sagte Jaschke der Bild-Zeitung. Das wieder aufgefundene Dokument war am Donnerstag in Washington der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Als Handschrift sei der neue Text eine Sensation, betonte der Weihbischof. Jaschke hat über den heiligen Irenäus von Lyon promoviert, in dessen Schriften vor dem Judas-Evangelium gewarnt wird. Der 13-seitige Text deutet den Verrat zur Heilstat um. (kna) (Newsletter Radio Vatikan, 08.04.2006).